Neues aus der FIP-Forschung

Innere Krankheiten und Verletzungen der Katze
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elmo
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Neues aus der FIP-Forschung

#1

Beitrag von elmo » Di 10. Jul 2012, 17:59

Hallo,

nachdem FIP ein grosses Thema ist und ich da eh regelmässig nach neuen Artikeln schaue, dachte ich ich erwähne es hier einfach auch, wenn ich was "interessantes" zum Thema finde.

So wie heute, auf dem Blog von "Winn Feline Health"
http://winnfelinehealth.blogspot.de/

ist eine Untersuchung an mutierten Coronaviren erwähnt worden.

Die Forscher haben herausgefunden dass ein bestimmtes Protein im Virus anscheinend bei mutierten (= infektiösen) Viren vorkommt. Und dass gleichzeitig Viren, die dieses mutierte Protein tragen quasi die Fähigkeit verlieren sich mit dem Kot ausscheiden zu lassen.
Das, so die Forscher, würde erklären warum die Katze zu Katze-infektion von FIP eigentlich nicht vorkommt.

Liebe Grüße
Andrea

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Diagnostischer Wert der Rivalta-Probe

#2

Beitrag von elmo » So 2. Sep 2012, 08:51

Hallo,

jeder hat sicher schon mal mitbekommen, dass der Moment wo bei einem Tier mit Flüssigkeitsansammlungen im Bauch ein "Rivalta-Test" positiv war, dann damit eigentlich das Todesurteil gesprochen wurde: "Die Katze hat FIP" und alle weiteren lebensrettenden Massnahmen eingestellt werden.
Sicher hat eine Katze mit "nasser FIP" einen Erguss, der (meist) positiv auf die Rivalta-Probe reagiert - ABER: viele Katzen die kein FIP haben und aus anderen (behandelbaren) Gründen eine Bauchwassersucht entwickeln haben eben kein FIP und könnten mit entsprechenden Massnahmen gerettet werden.

Aktuell hat es dazu Ende August eine Arbeit gegeben:
Of 851 cats with effusions, 782 had conclusively positive or negative results for the Rivalta test. A definitive final diagnosis was made in 497 of these cats. Prevalence of FIP in cats with effusion and a conclusive Rivalta test result was 34.6%. The Rivalta test had a sensitivity of 91.3%, specificity of 65.5%, PPV of 58.4%, and NPV of 93.4% for the diagnosis of FIP. These values increased when cats with lymphoma or bacterial infections were excluded, or when only cats ≤ 2 years were considered. Increased effusion cholesterol concentration and specific gravity as well as decreased serum albumin:globulin ratio and hyperbilirubinemia were positively correlated with positive Rivalta test results.
CONCLUSIONS:

Sensitivity, specificity, and PPV of the Rivalta test for the diagnosis of FIP were lower than previously reported except when used in young cats. The components in effusions that lead to a positive Rivalta test remain unknown, but the positivity is not simply related to high total protein concentration.
Quelle: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22913882

Hier wurde retrospektiv beurteilt, ob Katzen, die eine Bauchwassersucht UND eine positive Rivalta-Probe hatten FIP gehabt haben oder nicht.
Der in meinen Augen "interessanteste" Wert ist hier der "PPV" (das ist der positive prädiktive Wert) Er gibt an, wie viele der untersuchten Tiere, die ein positives Testergebnis hatten, rein statistisch auch die betreffende Erkrankung, für die der Test entwickelt wurde haben). Das sind in dem Fall der Rivalta-Probe 58.4%, also nicht mal 60%! Dass die Sensitivität des Tests relativ hoch erscheint (91%) ist in Wirklichkeit ein Fehlschluss. Der (Ups- ich habe grade gesehen dass hier ein grösserer Teil meines Beitrags irgendwie beim Abschicken verschwunden ist, also hier der Nachtrag) Wert besagt nur, dass bei 91% der Tiere die wirklich an einer nassen FIP erkrankt sind bei einer Untersuchung des Exsudats der Test positiv sein wird. Es ist also so, dass auch ein grösserer Anteil von Katzen die ein negatives Rivalta Testergebnis haben deswegen dennoch FIP haben können (besonders schlimm, weil ein negatives Ergebnis bislang immer als quasi vollkommen sicher angesehen wurde).

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse frage ich mich, welchen Diagnostischen Sinn eine solche Probe überhaupt noch macht, und ob man den Katzen das nicht ersparen sollte (ausser wenn man eh Exsudat absaugt, um den Tieren das Leben zu erleichtern.

Liebe Grüße
Andrea

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Re: Neues aus der FIP-Forschung

#3

Beitrag von krummbein » Mo 3. Sep 2012, 23:03

Das ist wirklich ein wahnsnnig interessanter Artikel.
Als Katzenbesitzer als auch als Mathematiker.
Das Signifikanzniveau ist so schlecht, dass man eigentlich weltweit diesen Test aus den Untersuchungen streichen sollte.
Bitter und interessant.
Man mag gar nicht darüber nachdenken, wieviele Katzen hätten "gerettet" werden können.

Bei meiner Ex Klinik hat sogar ein TA prophezeit, bei Tatzes dickerem Bauch,..das ist FIP, da kann man nix machen.
Glücklicher Weise hab ich das damals ignoriert und beim nächsten Mal war ich bei jemanden anderes.
(Der Tatze hatte definitiv kein FIP)

Ich denke, man sollte wirklich jedem, der schreibt, dass diese Diagnose gestellt worden ist, versuchen, diese Studie mitzuteielen, im Rahmen der möglich ist.
So nach dem Motto: steter Tropfen höhlt den Stein, das endlich auch in den Praxen diese Ergebnisse ankommen.
....und man gewillt ist, gemeinsam mit den Besitzern zu kämpfen und nach Behandlungsmethoden sucht.

Vielen Dank für den Beitrag,
liebe Grüße,
Susanne

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Re: Neues aus der FIP-Forschung

#4

Beitrag von elmo » Di 4. Sep 2012, 18:59

Hallo Susanne,

nun ja, ich würde nicht unbedingt behaupten, dass man gar keine Rivalta Proben mehr machen sollte, die Diagnose "FIP" ist eine sehr schwierige Diagnose und setzt sich aus vielen kleinen Puzzel-Teilen zusammen. Es gab bisher zwei sehr grosse Teile, nämlich einmal die Rivalta-Probe und zudem den A/G-Quotienten.
Zu der Rivalta-Probe hab ich ja nun schon etwas geschrieben, das aus dem sehr grossen ein deutlich kleineres Teilchen im Puzzle macht. Über den A/G-Quotienten habe ich heute einen interessanten Artikel gefunden.

Kommt gleich.

Liebe Grüße
Andrea

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Diagnostischer Wert des A/G-Quotienten

#5

Beitrag von elmo » Di 4. Sep 2012, 19:17

Hallo,

neben der Rivalta-Probe gibt es bei der Diagnose einer FIP auch für Tiere mit der trockenen Form der Krankheit (also ohne Bauchwassersucht) einen sehr wichtigen Blutparameter. Das ist ein Quotient aus Albumin und dem Gamma-Globulin, zwei Proteinen die mit Hilfe der Elektrophorese beim sogenannten "FIP-Screening" gemessen werden.
Dazu schrieb die grossartige FIP-Forscherin Diane Addie schon vor einigen Jahren auf ihrer sehr informativen Homepage:
"Ein A:G von 0.8 schließt die ansteckende Peritonitis aus. A:G zwischen 0.4 und 0.8 – bitte untersuchen Sie auch weitere Parameter. Das A:G in der Flüssigkeit ist einer der brauchbarsten Teste, der dabei hilft, schnell festzustellen, ob eine Katze ansteckende Peritonitis hat oder nicht."

Quelle: http://www.dr-addie.com/German/WhatIsFI ... m#Diagnose

Bei einem sehr niedrigen Quotienten, besonders dann, wenn er durch eine erhöhte Gamma-Globulin-Fraktion bedingt war, ist von daher, besonders bei gut informierten Tierärzten die Reaktion ähnlich wie bei einem positiven Rivalta-Test.

Und heute bin ich über diesen Artikel gestolpert:
J Feline Med Surg. 2012 Jul 18.
Positive predictive value of albumin: globulin ratio for feline infectious peritonitis in a mid-western referral hospital population.
Jeffery U, Deitz K, Hostetter S.
Department of Veterinary Pathology, Iowa State University, Ames, IA, USA.

Low albumin to globulin ratio has been found previously to have a high positive predictive value for feline infectious peritonitis (FIP) in cats with clinical signs highly suggestive of the disease. However, FIP can have a more vague clinical presentation. This retrospective study found that the positive predictive value of an albumin:globulin (A:G) ratio of <0.8 and <0.6 was only 12.5% and 25%, respectively, in a group of 100 cats with one or more clinical signs consistent with FIP. The negative predictive value was 100% and 99% for an A:G ratio of <0.8 and A:G<0.6%, respectively. Therefore, when the prevalence of FIP is low, the A:G ratio is useful to rule out FIP but is not helpful in making a positive diagnosis of FIP.
Quelle: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22811479

Ich muss zugeben, dass ich denke, dass es hier einen Tippfehler im Abstract gibt (mag mir da jemand Recht geben?) daher werde ich mich auf die Hauptaussage des Textes beschränken:
"Daher, wenn die Prävalenz niedrig ist (Prävalenz ist die allgemeine Häufigkeit einer Krankheit in einer Gruppe) ist der A:G Quotient nützlich um FIP auszuschliessen aber nicht um eine positive FIP-Diagnose zu treffen!

Liebe Grüße
Andrea

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Re: Neues aus der FIP-Forschung

#6

Beitrag von elmo » So 27. Jan 2013, 16:54

Hallo,

seit einigen Jahren wird in USA ein Medikament zur Behandlung von trockener FIP eingesetzt, bei dem anscheinend ein kleiner, aber nachweisbarer Prozentsatz der behandelten Katzen bei guter Lebensqualität eine ordentliche Zeitspanne überlebt.

Dieses Medikament, das Polyprenyl Immunostimulant (PI), ist eigentlich entwickelt worden um Katzenschnupfen zu behandeln, die Behandlung von "FIP" ist eher eine "off-label"-Behandlung. Hier hatte ich darüber schon einmal berichtet.

Seit Kurzem ist das Medikament auch in Deutschland erhältlich, und zwar können Tierärzte es über diese Adresse beziehen:

order@pharmainternational.de.

Weitere Informationen soll es hier geben:
Stefan Goebler
stefan.goebler@pharmainternational.de
phi | PHARMA INTERNATIONAL
Carl-Zeiss-Str. 31
D-55129 M a i n z
Fon: ++49 - 06131 - 88 058-15
Fax: ++49 - 06131 - 88 058-58
http://www.pharmainternational.de

Edit: hier ist noch ein ganz interessanter Artikel über die Behandlung von trockener FIP mit PI:
http://www.catchannel.com/catalyst/new- ... tment.aspx
(leider mal wieder in englischer Sprache).

Liebe Grüße
Andrea

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Re: Neues aus der FIP-Forschung

#7

Beitrag von Gast 55 » So 27. Jan 2013, 17:36

Hallo Andrea

Danke für die Information,den Link muss ich mir erst noch durchlesen.

Was mich vorab etwas verwundert , die trockene Fip-Form ist doch sehr unklar zu diagnostizieren .Oder weiß ich das schlichtweg nicht?
Gibt es entsprechende Erfahrungswerte ?
Wurde etwas hergestellt, dass auch der Mutation des Virus entgegen wirken könnte?

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Re: Neues aus der FIP-Forschung

#8

Beitrag von elmo » So 27. Jan 2013, 18:51

Hallo Christiane,

nein - du siehst das ganz richtig, ich meine, wir hätten das auch schon diskutiert als ich die Arbeit eingestellt hatte.
Aber diese Immunmodulatoren sind ja schon länger im Gespräch - sie können anscheinend den Verlauf einer FIP ohne Flüssigkeitsansammlung sehr stark verlangsamen und es wird seit Jahren immer wieder von Fällen berichtet, in denen Tiere geheilt wurden.

Wenns dann eben lauter Tiere mit ner falschen Diagnose waren - solls mir doch auch Recht sein. Ist immer noch besser als eingeschläfert worden zu sein :-)

Nein - da die FIP ja erst auftritt wenn das Virus bereits mutiert ist, ist das sicher kein Medikament das die Mutation verhindert.
Es ist auch kein neues Wundermittel, wird auch nicht als solches gehandelt - es ist nur einen Versuch wert das Leben erkrankter Katzen bei guter Lebensqualität noch um einige Zeit zu verlängern.

liebe Grüße
Andrea

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Gast 55

Re: Neues aus der FIP-Forschung

#9

Beitrag von Gast 55 » So 27. Jan 2013, 18:57

nein - du siehst das ganz richtig, ich meine, wir hätten das auch schon diskutiert als ich die Arbeit eingestellt hatte.
Muss mich nochmals durch den Thread arbeiten,das dauert.

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Re: Neues aus der FIP-Forschung

#10

Beitrag von elmo » Mo 28. Jan 2013, 21:37

Hallo Christiane,

in der Zwischenzeit gibt es übrigens auch den ganzen Artikel online nachzulesen (also den über die drei Katzen die behandelt wurden (das heisst ich weiss gar nicht, ob es ihn früher nicht gab, oder ob ich das nur nicht bemerkt hatte - manchmal dauert es eine Weile bis sie kostenlos lesbar sind, manchmal sind sie nie kostenlos lesbar und manchmal sofort...)
http://jfm.sagepub.com/content/11/8/624.2.long

Danach wurden, wenn ich das richtig sehe, zwei der drei Katzen aufgeschnibbelt - und so die Diagnose bestätigt (das ist ja "fast" so vertrauenswürdig wie eine Obduktion - wenn auch nur fast). Von daher ist die Wahrscheinlichkeit schon hoch, dass die Katzen wirklich an trockener FIP erkrankt waren.

Liebe Grüße
Andrea

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