Katzenerziehung ohne Strafe - geht das?
Verfasst Fr 13. Jul 2012, 15:39
Hallo,
ich lese grade so ein Katzenbuch (Feline Behaviour - a guide for veterinarians von B.V. Beaver) und ich muss sagen - so ein wenig bin ich entsetzt. Es ist ein relativ neues Buch, und obwohl sogar beschrieben wird dass Erziehung mit Strafe leicht "in die Hose" gehen kann so wird dann doch diese alt bekannte Wasserspritzerei als Erziehungsmethode propagiert (nun ja, was soll man auch von einem Buch halten in dem Krallenziehen gegen Kratzen durchaus noch als akzeptabel beschrieben wird).
Ich mag Erziehung durch Strafen (und ertwas anderes ist diese Wasserspritzerei ja auch nicth) nicht, einfach weil es mir nicht gefällt. Zudem, das ist aber nur mein zweiter Grund, ist Erziehung durch Strafe in der Regel nicht sehr nachhaltig.
Natürlich "benutze" ich sowas (also keine Wasserspritze, aber "Strafe") auch bisweilen - ich muss aber sagen wenn ich ehrlich sein soll, dann einfach aus Bequemlichkeit, "Dummheit" (weil ich nicht nachdenke) oder einfach weil ich ein paar Katzen zu viel habe um konsequent durch positive Verstärkung zu erziehen.
Um mal ein einfaches Beispiel für "misslungene Strafe" zu nennen, das wahrscheinlich jeder von uns kennt (so oder ähnlich). Ich schubse meine Katzen, wenn sie mich beim Essen zu sehr stören, regelmässig vom Tisch. Das ist letzten Endes "Erziehung" (oder eher "Erziehungsversuch") durch Strafe.
Die Katze stört und das will ich nicht, die Strafe ist das Entfernen vom Tisch.
Was passiert? Die Katze hüpft einfach wieder auf den Tisch...
Ich schmeiss sie wieder runter und so weiter.
Wenn ich das "abkürzen" wollte müsste ich jetzt etwas "drastischer" werden. Also der Katze beim runterschmeissen vielleicht Schmerz zufügen, oder ihr Angst machen indem ich dabei noch etwas rumschreie oder etwas ähnliches. Das heisst, damit die Strafe überhaupt eine Wirkung zeigen soll müsste ich sie so lange ver"schärfen" bis ich wirklich etwas unangenehmes für die Katze machen würde.
Dabei gibt es nun die Gefahr, dass die Katze das Unangenehme mit mir verbindet und so ihr Vertrauen in mich verliert. Die Spanne für eine "nützliche Strafenschwere" ist also sehr klein. Ist sie zu leicht (reines runterschubsen), nutzt sie gar nichts, ist sie zu schwer dann bekommt die Katze wohlmöglich einen nachhaltigen Knacks (und ich auch übrigens). Das ist die eine Gefahr, die zweite Gefahr - das muss einem klar sein - ist die, dass die Katze Angst vor der strafenden Person bekommen kann (in dem Fall also vor mir) und die dritte Gefahr ist die, dass die Strafe gar nicht wirklich nutzt - da sie mit meiner Person in Verbindung steht.
Was ich damit meine: soll also eine Katze nicht das Butterbrot vom Teller klauen und ich arbeite mit Strafe, dann lernt sie nur, dass sie nicht das Butterbrot klauen darf wenn ich dabei bin - sonst geht das aber problemlos.
Die berühmte Wasserspritze setzt genau hier an - sie versucht die "personalisierte" Wirkung der Strafe zu umgehen. Die Wirkungsweise ist sehr einfach und eingängig (und wird vielleicht deswegen so gerne empfohlen?). Die Katze versucht das Brot zu klauen, die Wasserspritze wird betätigt, und nun soll die Katze denken, dass quasi eine "Himmelsmacht" ihr Handeln überwacht und der Wasserguss quasi "von selber" kommt wenn sie versucht Brote zu stehlen - was dazu führen soll, dass sie keine Brote mehr stiehlt...
Das kann natürlich funktionieren, aber die beiden ersten Probleme gibts immer noch. Es gibt nämlich Katzen die finden Wasserspritzen nicht schlimm und lassen sich daher damit nicht beeindrucken. Was machtn man dann mit denen? Ballpistolen benutzen? Oder was? Und dann gibts die extrem wasserscheuen Katzen die durch so eine Aktion einen Knacks im Selbstbewusstsein und Vertrauen in ihr Heim (im dem es neuerdings ganz ohne Vorwarnung an seltsamen Stellen Wassereinbrüche gibt) verlieren können.
Und die, bei denen die Dosis "richtig" ist? Von denen wird ein grosser Teil nach ein paar Spritzaktionen erkennen, dass die Wasserspritze nicht von selber funktioniert und WISSEN wer sie abschiesst. Denn Katzen sind keineswegs "dumm" und Katzen lernen viel durch anschauen. Die "Entpersonalisierung" ist also keineswegs dauerhaft gegeben (viele Wasserspritzenerzieher haben daher auch schon die Erfahrung gemacht, dass Katzen schon auf das in die Hand nehmen der Spritze reagieren).
Um den negativen Folgen der eh oft sinnlosen Straferei zu entgehen propagieren einige Menschen eine Katzenerziehung durch positive Verstärkung.
Ich bin kein "Pädagoge" und habe daher auch nicht die Fähigkeit das fachlich genau zu erklären, aber ich glaube schon, dass ich es halbwegs hinbekomme.
Der "Clou" an der Sache ist es in meinen Augen, schlauer zu sein als seine Katze (ich gebe zu, das ist nicht immer einfach). Herauszufinden WAS genau Katzen an bestimmten, uns unangenehmen Verhaltensweise mögen und ihnen dafür Alternativen anzubieten und ihre Nutzung positiv zu bestärken, die für beide Seiten annehmlich sind.
Um auf das Butterbrot zurück zu kommen. Wenn eine Katze gerne mit am Tisch sein will, dann ist das (in meinen Augen) ein verständliches Anliegen. Dennoch möchte ja nicht jeder seine Katze AUF dem Tisch haben. Um das zu verhindern kann man ihr einfach einen hohen Hocker neben dem Tisch anbieten. Sollten sich auf dem hohen Hocker während des Essens sporadisch leckere Dinge einfinden, dann kann man sicher sein dass das unangenehme Verhalten (auf dem Tisch rumklettern während des Essens) sehr bald zu einem angenehmen Verhalten (auf dem Hocker auf Leckerchen warten) umgewöhnt sein wird. Auch hier kann man versuchen die Belohnung zu entpersonalisieren, indem man alle Familienmitglieder bittet ab und zu ein Leckerchen zu geben.
Eigentlich ist das ja ziemlich einfach - in der Theorie. In der Praxis muss man manchmal für seltsamere Dinge Alternativen finden und auch Möglichkeiten die zu bestärken.
Hier in dem Thread würde ich gerne Beispiele von euch lesen, in denen ihr mit euren Katzen so umgegangen seit. Wo das geklappt hat, wo auch mal nicht (vielleicht findet man ja heraus warum das so war).
Ich hoffe, damit können wir all den Katzenneulingen, die bei dem alten "Wasserpistolentipp" ein mulmiges Gefühl im Magen bekommen haben, Mut zu machen sie nur dazu zu benutzen wozu sie gut ist: zum Blumen spritzen. Und allen alten Hasen, die gerne neue Wege beschreiten würden aber noch keinen Pfad sehen, auch den einen oder anderen Anstoss geben.
Also: Vorhang auf für all die Leute, die ihre Katzen lieber mit Gehirnschmalz als mit Wasser erziehen!
Liebe Grüße
Andrea
ich lese grade so ein Katzenbuch (Feline Behaviour - a guide for veterinarians von B.V. Beaver) und ich muss sagen - so ein wenig bin ich entsetzt. Es ist ein relativ neues Buch, und obwohl sogar beschrieben wird dass Erziehung mit Strafe leicht "in die Hose" gehen kann so wird dann doch diese alt bekannte Wasserspritzerei als Erziehungsmethode propagiert (nun ja, was soll man auch von einem Buch halten in dem Krallenziehen gegen Kratzen durchaus noch als akzeptabel beschrieben wird).
Ich mag Erziehung durch Strafen (und ertwas anderes ist diese Wasserspritzerei ja auch nicth) nicht, einfach weil es mir nicht gefällt. Zudem, das ist aber nur mein zweiter Grund, ist Erziehung durch Strafe in der Regel nicht sehr nachhaltig.
Natürlich "benutze" ich sowas (also keine Wasserspritze, aber "Strafe") auch bisweilen - ich muss aber sagen wenn ich ehrlich sein soll, dann einfach aus Bequemlichkeit, "Dummheit" (weil ich nicht nachdenke) oder einfach weil ich ein paar Katzen zu viel habe um konsequent durch positive Verstärkung zu erziehen.
Um mal ein einfaches Beispiel für "misslungene Strafe" zu nennen, das wahrscheinlich jeder von uns kennt (so oder ähnlich). Ich schubse meine Katzen, wenn sie mich beim Essen zu sehr stören, regelmässig vom Tisch. Das ist letzten Endes "Erziehung" (oder eher "Erziehungsversuch") durch Strafe.
Die Katze stört und das will ich nicht, die Strafe ist das Entfernen vom Tisch.
Was passiert? Die Katze hüpft einfach wieder auf den Tisch...
Ich schmeiss sie wieder runter und so weiter.
Wenn ich das "abkürzen" wollte müsste ich jetzt etwas "drastischer" werden. Also der Katze beim runterschmeissen vielleicht Schmerz zufügen, oder ihr Angst machen indem ich dabei noch etwas rumschreie oder etwas ähnliches. Das heisst, damit die Strafe überhaupt eine Wirkung zeigen soll müsste ich sie so lange ver"schärfen" bis ich wirklich etwas unangenehmes für die Katze machen würde.
Dabei gibt es nun die Gefahr, dass die Katze das Unangenehme mit mir verbindet und so ihr Vertrauen in mich verliert. Die Spanne für eine "nützliche Strafenschwere" ist also sehr klein. Ist sie zu leicht (reines runterschubsen), nutzt sie gar nichts, ist sie zu schwer dann bekommt die Katze wohlmöglich einen nachhaltigen Knacks (und ich auch übrigens). Das ist die eine Gefahr, die zweite Gefahr - das muss einem klar sein - ist die, dass die Katze Angst vor der strafenden Person bekommen kann (in dem Fall also vor mir) und die dritte Gefahr ist die, dass die Strafe gar nicht wirklich nutzt - da sie mit meiner Person in Verbindung steht.
Was ich damit meine: soll also eine Katze nicht das Butterbrot vom Teller klauen und ich arbeite mit Strafe, dann lernt sie nur, dass sie nicht das Butterbrot klauen darf wenn ich dabei bin - sonst geht das aber problemlos.
Die berühmte Wasserspritze setzt genau hier an - sie versucht die "personalisierte" Wirkung der Strafe zu umgehen. Die Wirkungsweise ist sehr einfach und eingängig (und wird vielleicht deswegen so gerne empfohlen?). Die Katze versucht das Brot zu klauen, die Wasserspritze wird betätigt, und nun soll die Katze denken, dass quasi eine "Himmelsmacht" ihr Handeln überwacht und der Wasserguss quasi "von selber" kommt wenn sie versucht Brote zu stehlen - was dazu führen soll, dass sie keine Brote mehr stiehlt...
Das kann natürlich funktionieren, aber die beiden ersten Probleme gibts immer noch. Es gibt nämlich Katzen die finden Wasserspritzen nicht schlimm und lassen sich daher damit nicht beeindrucken. Was machtn man dann mit denen? Ballpistolen benutzen? Oder was? Und dann gibts die extrem wasserscheuen Katzen die durch so eine Aktion einen Knacks im Selbstbewusstsein und Vertrauen in ihr Heim (im dem es neuerdings ganz ohne Vorwarnung an seltsamen Stellen Wassereinbrüche gibt) verlieren können.
Und die, bei denen die Dosis "richtig" ist? Von denen wird ein grosser Teil nach ein paar Spritzaktionen erkennen, dass die Wasserspritze nicht von selber funktioniert und WISSEN wer sie abschiesst. Denn Katzen sind keineswegs "dumm" und Katzen lernen viel durch anschauen. Die "Entpersonalisierung" ist also keineswegs dauerhaft gegeben (viele Wasserspritzenerzieher haben daher auch schon die Erfahrung gemacht, dass Katzen schon auf das in die Hand nehmen der Spritze reagieren).
Um den negativen Folgen der eh oft sinnlosen Straferei zu entgehen propagieren einige Menschen eine Katzenerziehung durch positive Verstärkung.
Ich bin kein "Pädagoge" und habe daher auch nicht die Fähigkeit das fachlich genau zu erklären, aber ich glaube schon, dass ich es halbwegs hinbekomme.
Der "Clou" an der Sache ist es in meinen Augen, schlauer zu sein als seine Katze (ich gebe zu, das ist nicht immer einfach). Herauszufinden WAS genau Katzen an bestimmten, uns unangenehmen Verhaltensweise mögen und ihnen dafür Alternativen anzubieten und ihre Nutzung positiv zu bestärken, die für beide Seiten annehmlich sind.
Um auf das Butterbrot zurück zu kommen. Wenn eine Katze gerne mit am Tisch sein will, dann ist das (in meinen Augen) ein verständliches Anliegen. Dennoch möchte ja nicht jeder seine Katze AUF dem Tisch haben. Um das zu verhindern kann man ihr einfach einen hohen Hocker neben dem Tisch anbieten. Sollten sich auf dem hohen Hocker während des Essens sporadisch leckere Dinge einfinden, dann kann man sicher sein dass das unangenehme Verhalten (auf dem Tisch rumklettern während des Essens) sehr bald zu einem angenehmen Verhalten (auf dem Hocker auf Leckerchen warten) umgewöhnt sein wird. Auch hier kann man versuchen die Belohnung zu entpersonalisieren, indem man alle Familienmitglieder bittet ab und zu ein Leckerchen zu geben.
Eigentlich ist das ja ziemlich einfach - in der Theorie. In der Praxis muss man manchmal für seltsamere Dinge Alternativen finden und auch Möglichkeiten die zu bestärken.
Hier in dem Thread würde ich gerne Beispiele von euch lesen, in denen ihr mit euren Katzen so umgegangen seit. Wo das geklappt hat, wo auch mal nicht (vielleicht findet man ja heraus warum das so war).
Ich hoffe, damit können wir all den Katzenneulingen, die bei dem alten "Wasserpistolentipp" ein mulmiges Gefühl im Magen bekommen haben, Mut zu machen sie nur dazu zu benutzen wozu sie gut ist: zum Blumen spritzen. Und allen alten Hasen, die gerne neue Wege beschreiten würden aber noch keinen Pfad sehen, auch den einen oder anderen Anstoss geben.
Also: Vorhang auf für all die Leute, die ihre Katzen lieber mit Gehirnschmalz als mit Wasser erziehen!
Liebe Grüße
Andrea